Sonntag, 27. Februar 2011

Stirbt der Beruf "Journalist" aus?

Ich freue mich sehr darüber, eine Reihe von Lesern zu haben! Noch mehr würde ich mich freuen, wenn ich mal eine direkte Antwort – in welcher Form auch immer - bekäme. Ganz gleich, ob per Mail, via facebook oder hier als Kommentar. Insbesondere zu diesem Blog.

Ich habe zunehmend das Gefühl, dass an mir als Journalist ein Zug vorbei rast. Wie ich ein/zwei Blogs zuvor schon einmal anmerkte, befinden wir uns m.E. inmitten einer nicht gekannten gesellschaftlichen Revolution. Das betrifft auch und vor allem die Medien. Mein ganzes Leben lang war es die Presse, die als Institution den Menschen die Aktualität präsentierte. Mehr oder minder frei. Diese Zeiten sind, seit es youtube und facebook und das Internet überhaupt gibt, definitiv vorbei.

Dieses Phänomen auf den technischen Unterschied zwischen Papier und Monitor als  „Trägermaterial“ zu reduzieren, ist nichts anderes als dumm. Nein, es geht um den Transport von Nachrichten, von news, der immer weniger von Presseorganen und immer mehr durch soziale Netzwerke übernommen wird. Das gilt für große, wie für kleine Ereignisse. Der Umsturz in Kairo und jetzt in Libyen wird uns via Handycam gezeigt. Ja, das Fernsehen griff in seiner Not ja bereits auf Beiträge aus dem Internet zurück und präsentierte sie in Nachrichtensendungen. Und von dem Amoklauf-Alarm an der KGS in Rastede wussten hunderte von Schülern und Eltern per facebook lange, bevor es irgendwelche Medien melden konnten oder wollten.
Brauchen wir also überhaupt noch professionelle Journalisten? Und wenn ja, in welcher Form? Gleich werde ich im web nachschauen, wie Werder gegen Leverkusen gespielt hat. Da warte ich doch nicht auf die Nachrichten um 21:45 Uhr oder die Zeitung von morgen früh! Gut, hier kommt die Meldung noch von einer offiziellen Website – bundesliga.de. Aber es wird gewiss auch per youtube oder twitter zu erfahren sein.
Welchen Dienst kann ich als Journalist dem Leser noch anbieten? Sicher kann ich mich an den PC setzen und meine durchaus lesbare und in Teilen –je nach Thema – auch fundierte Meinung absondern. Aber wie soll es in Anbetracht der Vielzahl von Menschen, die sich mitteilen, gelingen, eine in dem Maße beachtete Message zu haben, dass man dafür einen der Mühe entsprechenden Lohn erhält? Stirbt der Journalist aus, wie der Kirschner oder der Scherenschleifer?

Fragen, die mich wirklich bewegen.

Mittwoch, 23. Februar 2011

Fehler

Diese Glosse habe ich vor mehr als zehn Jahren geschrieben. Aus aktuellem Anlass veröffentliche ich sie heute noch einmal - mit kurzen Aktualisierungen:


Der Begriff – natürlich in einer anderen Sprache – stammt vielleicht aus der Antike, als Homer von einem listenreichen Kriegsherren zu berichten wußte, der sich innerhalb eines Holzpferdes bei seinen Feinden einschlich. Einschleichen gilt seither als eine hinterlistige Form der Kriegsführung. Heute schleichen sich Begriffe ein – und das ist mitunter nicht weniger feindseelig.

Zu loben ist in diesem Zusammenhang die Brandmarkung zum „Unwort des Jahres“. Dabei ist es durchaus nicht das Wort selbst, das zu tadeln ist, sondern der Kontext, in den es gesetzt wird. So betrachtet ist mein „Unwort des Jahres“ das simple Wörtchen „Fehler“.

Ein Fehler ist gemäß meines Sprachgefühls ein – wohlgemerkt! – unbeabsichtigtes Mißgeschick, das geringfügige oder leider mitunter auch schwerwiegende Konsequenzen hat. Wenn Politiker aber einem wohldurchdachten Kalkül folgend und von langer Hand geplant Millionen durch halb Europa schieben, um ihre Partei und damit indirekt sich selbst ungerechtfertigt zu bereichern, wenn „schwarze Kassen“ mit Geldern von sogenannten „ehrenwerten Bürgern“ – will sagen: dubiosen Gestalten – gefüllt werden, dann ist den ausführenden Organen kein Mißgeschick – kein Fehler also – unterlaufen, sondern es ist ein Verbrechen verübt worden.

Aktualisierung: Genauso verhält es sich, wenn jemand bei der Arbeit an einer wissenschaftlichen Dissertation alle drei Seiten vergisst, ein Zitat 1) nicht mit An- und Abführungszeichen zu versehen, 2) (!) die dazugehörige Fußnote zu setzen und 3) (!!) es im Literaturverzeichnis am Ende des Textes zu vermerken. Das ist schlicht Betrug.

Und nun rollt der eine mit schrägem Kopf vor die Mikrophone und jammert, Schuldbewußtsein heuchelnd: „Es sind Fehler gemacht worden.“ und der andere bagatellisiert mit triefenden Augen und sabberndem Maul vor einer Herde naiver Claquere: „Ich habe Fehler gemacht!“ 

Aktualisierung: Und der dritte behauptet, ihm seien die Fehler bei einer abendlichen Lektüre aufgefallen. Es soll Doktoranden geben, die lesen ihre Dissertation durch, bevor sie abgegeben wird. Hat nämlicher Dritter den Text vielleicht nun zum ersten Mal gesehen?


Und die tumbe Volksseele tümelt in blinder Fraternisierung mit dem eigentlichen Feinden der Republik: „Naja, Fehler machen wir doch alle. Das ist doch nur allzu menschlich!“

Freitag, 11. Februar 2011

Die wahren Abenteuer sind im Kopf…

…und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo. (André Heller) Mit den Abenteuern oder der Freiheit ist das schon ein merkwürdig Ding. Hat man sie, fühlt man sich verloren, ohne Halt und bisweilen einsam. Man wünscht sich Geborgenheit und das Gefühl, irgendwo dazu zu gehören. Findet man diese Geborgenheit, dann fehlt einem die Freiheit und man will sich erneut losreißen.

Allerdings ist man gar zu rasch bereit, seine Freiheit aufzugeben, zögert aber lange, sich wieder in die Freiheit zu begeben. Das spricht für das gebunden sein. Selten allerdings hat man wirklich die Wahl. Und also singt man das hohe Lied auf die Freiheit genauso wie auf die Bindung. Es bleibt einem eh‘ nichts anderes übrig.

Was aber, wenn man die Wahl hat?

Man wird feststellen, dass beide Situationen ihren Preis fordern. Und also fragt man sich, welchen Preis man zu zahlen bereit ist. Und am Ende der Überlegung wird man das begreifen, das André Heller erkannt hat: Die wahren Abenteuer sind im Kopf. Aber heißt das, sie sind eine Illusion? Nein, genauswenig, wie Gerechtigkeit und Gott eine Illusion sind. Es gibt sie, wenn man sie im Kopf hat. Und sind sie nicht im Kopf...

P.s.: Wer jetzt glaubt, ich schreibe von der Beziehung zu meiner Frau, liegt aber sowas von daneben…

Samstag, 5. Februar 2011

"Willkommen zurück, Monika Lierhaus!

Das war mit Gewissheit einer der emotionalsten Momente, seit es Fernsehen in Deutschland gibt. Der sonst so spröde Günther Netzer mit in Tränen erstickter Stimme. Aber er bringt es mal wieder auf den Punkt: „Willkommen zurück, Monika Lierhaus!“

Als diese – wenn auch vom Überlebenskampf gezeichnete – immer noch schöne Frau mit unsicheren, vermutlich gestützten Schritten auf ihr Publikum zuging, dachte ich mir nur „Wie wundervoll!“
Was auch immer da im OP geschehen ist – ist es nicht wundervoll, dass Menschen solch‘ eine Technik und solch‘ ein Wissen angesammelt haben, um anderen zu helfen? Es hat Zeiten gegeben, da zog das Rudel einfach weiter, wenn einer aus der Gruppe umfiel. Man ließ sie oder ihn sterben, ohne sich umzudrehen. Also – wenn etwas diese Rasse „Mensch“ von anderen unterscheidet, dann ist es

EMPATHIE.

Es mag Zyniker oder kühl denkende Menschen geben, die sich fragen, ob diese Eigenschaft eine Stärke oder eine Schwäche der Gesellschaft ist. Wer gestern Abend etwas genauer hingeschaut hat, wer gesehen hat, welch ein Geist hinter der brüchigen, noch etwas schwerfälligen Stimme von Monika Lierhaus steckt, erhielt eine eindeutige Antwort.

Willkommen zurück, Monika Lierhaus! Möge sie noch ein gutes Leben haben.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Die "Mutter aller Revolutionen"

Als ich vor etwas mehr als einer Dekade noch einmal die Schulbank drückte und mich zum „Internet-Entwickler“ fortbildete, sagte ein sehr interessant dozierender Ausbilder, dass das Internet einer industriellen Revolution gleichkomme. Für die Zeit eine kluge Erkenntnis, von der Entwicklung aber zur Lächerlichkeit geriert. Das Web ist keine industrielle und keine technische Revolution – es ist DIE Revolution. Wir haben es nur noch nicht bemerkt.

Dabei sind die Zeichen deutlich und für jeden ersichtlich. „Stuttgart21“ ist nur ein geringfügiges Beispiel. In den Schwellenländern – zurzeit in den arabischen – organisiert sich die „Generation facebook“ binnen Stunden. Wer heute seine Diktatur zu sichern sucht, schaltet nicht die Presse gleich, sondern das Netz ab.Oder er versucht es jedenfalls. Die Presse übernimmt die Berichterstattung nicht mehr – oder zumindest nur noch in kleinerem Maße – sondern Handys.

Das Netz liefert nicht nur Informationen für jeden – es handelt. Nichts ist mehr geheim zu halten – siehe "wikileaks". Jeder kann sich mitteilen – siehe solch ein Blog wie meiner. Die Folge: Institutionen brechen auf. Die Presse schwenkt mit „Mitmachzeitungen“ ein. Zu spät. Es bedarf ihrer nicht mehr.
Schneller, als es uns Alten lieb ist, entwickelt sich eine neue Staatsform. Wie soll ich sie nennen? Polykratie? Was spricht dagegen, nicht nur „mehr“ sondern „alle“ Entscheidungen von allen treffen zu lassen? Ins Netz kann jeder. Ein Identifikationscode, ein Mausklick – und schon ist der Volkswille zu jedem Thema erfasst. Es braucht keine Parlamente mehr, keine Parteien und keine Volksvertreter. Die Exekutive wird zum Dienstleister des Volkes und mithin ihrem Namen gerecht. Das Volk wird zur Legislative. Die Strukturen brechen auf. Der Islamismus kommt zu spät. Und vorgestrige Dummköpfe wie Zarrentin haben den Schuss eh‘ nicht gehört.

Das Web ist die „Mutter aller Revolutionen“. Und sie ist lichterloh entfacht.

Ein Gedankenspiel? Spinnerei? Wir werden sehen.