Mittwoch, 23. Februar 2011

Fehler

Diese Glosse habe ich vor mehr als zehn Jahren geschrieben. Aus aktuellem Anlass veröffentliche ich sie heute noch einmal - mit kurzen Aktualisierungen:


Der Begriff – natürlich in einer anderen Sprache – stammt vielleicht aus der Antike, als Homer von einem listenreichen Kriegsherren zu berichten wußte, der sich innerhalb eines Holzpferdes bei seinen Feinden einschlich. Einschleichen gilt seither als eine hinterlistige Form der Kriegsführung. Heute schleichen sich Begriffe ein – und das ist mitunter nicht weniger feindseelig.

Zu loben ist in diesem Zusammenhang die Brandmarkung zum „Unwort des Jahres“. Dabei ist es durchaus nicht das Wort selbst, das zu tadeln ist, sondern der Kontext, in den es gesetzt wird. So betrachtet ist mein „Unwort des Jahres“ das simple Wörtchen „Fehler“.

Ein Fehler ist gemäß meines Sprachgefühls ein – wohlgemerkt! – unbeabsichtigtes Mißgeschick, das geringfügige oder leider mitunter auch schwerwiegende Konsequenzen hat. Wenn Politiker aber einem wohldurchdachten Kalkül folgend und von langer Hand geplant Millionen durch halb Europa schieben, um ihre Partei und damit indirekt sich selbst ungerechtfertigt zu bereichern, wenn „schwarze Kassen“ mit Geldern von sogenannten „ehrenwerten Bürgern“ – will sagen: dubiosen Gestalten – gefüllt werden, dann ist den ausführenden Organen kein Mißgeschick – kein Fehler also – unterlaufen, sondern es ist ein Verbrechen verübt worden.

Aktualisierung: Genauso verhält es sich, wenn jemand bei der Arbeit an einer wissenschaftlichen Dissertation alle drei Seiten vergisst, ein Zitat 1) nicht mit An- und Abführungszeichen zu versehen, 2) (!) die dazugehörige Fußnote zu setzen und 3) (!!) es im Literaturverzeichnis am Ende des Textes zu vermerken. Das ist schlicht Betrug.

Und nun rollt der eine mit schrägem Kopf vor die Mikrophone und jammert, Schuldbewußtsein heuchelnd: „Es sind Fehler gemacht worden.“ und der andere bagatellisiert mit triefenden Augen und sabberndem Maul vor einer Herde naiver Claquere: „Ich habe Fehler gemacht!“ 

Aktualisierung: Und der dritte behauptet, ihm seien die Fehler bei einer abendlichen Lektüre aufgefallen. Es soll Doktoranden geben, die lesen ihre Dissertation durch, bevor sie abgegeben wird. Hat nämlicher Dritter den Text vielleicht nun zum ersten Mal gesehen?


Und die tumbe Volksseele tümelt in blinder Fraternisierung mit dem eigentlichen Feinden der Republik: „Naja, Fehler machen wir doch alle. Das ist doch nur allzu menschlich!“

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