Samstag, 19. März 2011

Helden!

Heldentum – welch‘ ein verratenes Wort! Helden, das waren und sind hirnlose Selbstmörder, die in völlig aussichtsloser Situation die Fahne eines Landes hochreckten, das sich nicht entblödete, sich als „Vater“-Land zu kaschieren, um sich und andere in einen schrecklichen und sinnlosen Tod zu verrennen. Helden, das waren und sind Heerscharen tumber Idioten, die wie die Lemminge im Gelichschritt in einen Kampf marschieren, um den weichen Arsch selbstsüchtiger Despoten warm zu halten. Helden töten und Helden sterben – ein Wahnsinn! Und – ach ja: Helden der Arbeit gab es auch, die sich bis zur Selbstaufgabe in den Dienst einer tyrannischen Ideologie stellten. Sie haben ihr Leben vertan und dafür nach Jahren einen Fresskorb und eine Urkunde erhalten, bevor sie den Rest ihres trostlosen Daseins in einer Zwei-Zimmer-Wohnung fristeten.

Dabei ist Heldentum im Grunde etwas großartiges. Nun haben wir nicht vergessen, sondern so gut wie noch nie erfahren, worin das Großartige liegt. Seit wenigen Tagen wissen wir es.

In Japan verabschieden sich derzeit einige hundert Männer von ihren Familien. Sie tragen keine Waffen, sie tragen Schläuche. Sie huldigen keinem Tyrannen. Sie weinen beim Abschied und geben zu, dass sie große Angst haben. Sie schaden niemanden, sind nicht aggressiv. Ihr Pflichtbewusstsein ist echt, weil frei(!)-willig, ihre Liebe für ihre Mitmenschen unsagbar. Helden – ja! Mir fehlen die Worte, um meiner Bewunderung für diese Menschen Ausdruck zu verleihen.

Montag, 14. März 2011

Man kann janitt so dumm denke...

Redensarten treffen nicht häufig „den Nagel auf den Kopf“ (eine Redensart). Oft sind sie mundartlich und haben deshalb eine bodenständige Gemütlichkeit inne, was nicht dazu verleiten darf, sie nicht ernst zu nehmen. Meine Mundart ist „Kölsch“, auch wenn ich sie kaum noch beherrsche. Aber mitunter fallen mir kölsche Redensarten ein, die es vermutlich auch in anderen Dialekten gibt.

Zu der nun schon in der zweiten oder gar dritten Generation wütenden Diskussion über die Nutzung der Kernenergie, die nun aus so furchtbaren Anlass neu entflammt ist, trage ich mal diese bei: „Man kann janitt so dumm denke, wie et kütt!“  Eben dies‘ ist die Hybris des Menschen. Dass er glaubt, jede Eventualität in seine Überlegungen mit einbeziehen zu können. Der Kölner (und gewiss auch andere) weiß es besser.

Ob er (der Kölner) allerdings recht hat mit dem Spruch: „Et hätt noch emmer jot jejange!“, sei angesichts der Ereignisse infrage gestellt. Oft erinnere ich mich an einen Zwischentitel in einem dokumentarisch aufgemachten Schwarz-Weiß-Spielfilm, der einen Atomangriff simuliert. Da heißt es: „Es ist ohne Beispiel in der Geschichte, dass die Überlebenden die Toten beneiden.“  

Samstag, 12. März 2011

Keine Ausreden mehr!

Die evangelische Kirche stellt die Fastenzeit in diesem Jahr unter das Motto: „Ich war’s!“ und meint damit: „Keine Ausreden mehr!“ Dass sie damit au das katholische Prinzip der Beichte zurückgreift, ist ihr entweder nicht bewusst oder sie nimmt es billigend in Kauf. Aber deswegen muss die Absicht ja nicht schlecht sein. Also  - dann fangen wir mal damit an.

„Ich wa’s!“, sage ich meinen Kindern, wenn ihre Welt nicht mehr lebenswert, weil an vielen Orten verstrahlt ist. Ich habe jede Nacht den Fernseher und andere Geräte unter „stand-by“ laufen lassen. Ich habe die Steckdose zum Kühlschrank im Hauswirtschaftsraum nicht herausgezogen, auch wenn nur eine Flasche Bier darin stand. Ich habe nicht im Traum daran gedacht, die Glühbirnen durch Stromspar-Birnen auszutauschen.

Wir haben in einem Haus gewohnt, das im Winter Wärme in den Garten geblasen hat, mit der man ein Hallenbad hätte heizen können. Und dieses Haus stand an einem Ort von dem aus wir jeden Tag 100 Kilometer zu unseren Arbeitsplätzen hin und zurück fahren mussten.

Wir waren eifriger Bestandteil einer Gesellschaft, deren unstillbarer Hunger nach Energie in die Katastrophe führte!

Wie schön wäre es, jetzt mit dem Finger auf andere zeigen zu können, wie die Dreijährigen im Sandkasten. „Der war’s!“ Die bösen Politiker und die profitgierigen Energie-Unternehmen. Doch sie willfahren letztlich nur unserem Willen.

Wie schön wäre es, jetzt mit den Achseln zucken zu können und die beliebteste aller Ausreden ins Feld zu führen: „Was kann der einzelne schon ausrichten!“ Was die Summe der Willen einzelner aus- oder besser anzurichten vermag, sehen wir dieser Tage in Fukushima.

Aber bei uns kann das ja nicht passieren.

KEINE AUSREDEN MEHR!